Esranyr – ein Land, das in alten Geschichten von Glanz und Ruhm erzählt wird, doch nun nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Hier führt euch eure Suche hin, doch die Dunkelheit, die euch erwartet, ist tiefgreifender, als ihr euch vorstellen könnt.
Die Hafenstadt Port Sigra erhebt sich wie ein dunkler Monolith aus der Küstenebene, umweht von Nebelschwaden und Geheimnissen. Die Mauern wirken alt und voller Narben vergangener Kriege, und der Geruch von Salz und Moder hängt schwer in der Luft. Schon beim ersten Schritt in die Stadt umfängt euch eine bedrohliche Stille.
Die unheimliche Ruhe von Port Sigra
Port Sigra ist falsch. Das merkt ihr sofort. Wo Händler ihre Waren anpreisen sollten, herrscht bedrückendes Schweigen. Wo fröhliche Matrosen den Hafen mit Liedern erfüllen könnten, vernimmt man nur das dumpfe Echo eurer Schritte. Die Bewohner, die ihr seht, huschen wie Schatten durch die engen Gassen, ihre Blicke stets gesenkt.
Je länger ihr bleibt, desto mehr zieht euch die Dunkelheit der Stadt in ihren Bann. Die Geschichten, die ihr aufschnappt, sind bruchstückhaft und voller Andeutungen. Einst war Esranyr ein Königreich voller Leben, doch vor sechzig Jahren endete die Herrschaft der Krone blutig. Der König und seine Familie wurden auf dem Marktplatz enthauptet, und seither kämpfen die Adligen um die Überreste des Reiches.
Doch etwas anderes scheint die Menschen in Port Sigra noch mehr zu ängstigen. Als ihr nach der legendären Mauer fragt, die im Norden das Land durchziehen soll, schweigen die meisten oder sehen euch an, als hättet ihr eine unsägliche Sünde begangen. Nur mit Mühe erfahrt ihr, dass sie weit oben im Norden liegt – ein Ort, den niemand mit klarem Verstand aufsuchen würde.
Der Nebel bringt Unheil
Die Nacht senkt sich über Port Sigra, und mit ihr kriecht ein undurchdringlicher Nebel vom Meer heran. Er schlingt sich um die Straßen, verschlingt die wenigen Geräusche und nimmt euch die Sicht. Selbst erfahrene Abenteurer spüren, wie sich eine eisige Hand um ihre Herzen legt. Es ist, als würde die Stadt etwas vor euch verbergen – oder euch vor etwas beschützen wollen.
Der Nebel bleibt die ganze Nacht, und eure Träume sind unruhig, durchzogen von Flüstern und Schatten. Ihr erwacht mit dem Gefühl, beobachtet worden zu sein, doch niemand ist da, nur der Nebel, der sich langsam verzieht.
Für dich jedoch sind die Nächte mehr als nur unruhig. Kaum schließt du die Augen, wirst du in eine Schwärze gezogen, die tiefer ist als jede Dunkelheit. Eine Kälte erfasst dich, durchdringt dich bis ins Mark, begleitet von einem Schmerz, der nicht nur körperlich ist. In diesen Träumen siehst du Gestalten, hörst Flüstern, spürst eine Präsenz, die dich beobachtet, dich ruft. Mit jedem Schritt gen Norden werden diese Träume intensiver, realer.
Aufbruch in den Norden
Die Straße nach Norden ist lang und einsam. Die Landschaft verändert sich mit jedem Schritt. Die Bäume werden karger, das Gras welk, und der Himmel wirkt bleiern und schwer. Die Tiere sind verstört, und kaum ein Vogel wagt es, zu singen.
Nachts, unter freiem Himmel, habt ihr das Gefühl, nie wirklich allein zu sein. Schatten huschen am Rande eurer Wahrnehmung, doch wenn ihr euch umdreht, ist nichts da. Ein dumpfes Flüstern scheint manchmal aus dem Wind zu kommen, unverständlich, aber doch voller Warnung.
Für dich wird jede Nacht zu einem Kampf. Die Träume lassen dich nicht los, ziehen dich tiefer in eine Welt aus Dunkelheit und Schmerz. Du spürst, dass du dich dem näherst, was diese Träume verursacht. Eine Gewissheit wächst in dir: Dort, wohin du gehst, wartet etwas auf dich. Etwas, das dich kennt, das dich will.
Das Dorf Shan’dri
Nur wenige Meilen vor Shan’dri: Die Schwärze ist jetzt ein endloser Strudel, der dich in die Tiefe zieht. Die Kälte ist unerträglich, als ob du in einem gefrorenen Grab liegst, und der Schmerz explodiert in deinem Körper – jede Faser schreit, als ob sie auseinandergerissen wird.
Nach Tagen voller Entbehrungen, durchweichter Kleidung und schmerzender Glieder, erreicht ihr endlich Shan’dri. Ein verrottetes Holzschild, kaum noch lesbar, kündigt den Namen des Dorfes an – doch was vor euch liegt, ist kaum mehr als ein Ort der Verdammnis. Die wenigen Häuser sind alt, schief und verfallen, ihre Fenster dunkel wie die leeren Augen eines Toten. Eine unnatürliche Stille liegt über dem Dorf, drückend wie ein erstickender Mantel. Kein Hund bellt, keine Laterne flackert – nur die Kälte des Windes schneidet durch die Nacht, und sein Heulen klingt wie ein markerschütternder Schrei.
Auf dem Weg hierher hast du immer wieder die Augen geschlossen, nur für einen Moment der Ruhe – doch jedes Mal zogen dich dunkle Träume in ihren Bann, Träume von Schwärze, Kälte und Schmerz, die mit jedem Schritt intensiver wurden.
Auf dem Dorfplatz von Shan’dri: Die Schwärze bricht über dich herein wie eine Welle aus flüssiger Nacht, die alles Licht verschlingt. Die Kälte ist absolut, sie lässt deinen Atem gefrieren, bevor er deine Lippen verlässt. Der Schmerz ist ein Inferno, das deinen Körper in Stücke reißt – du siehst dich selbst in einem Meer aus Schatten zerschellen, Gestalten ohne Gesicht, die nach dir greifen. Die Kälte lässt dein Blut gefrieren, und der Schmerz ist ein Chor aus Schreien, der durch deine Seele hallt. Das, was dich in diesen Träumen heimsucht, ist hier, in Shan’dri. Es wartet auf dich.
Ihr betretet den Dorfplatz, und die Luft wird schwer wie Blei. Ein unheilvolles Gefühl legt sich über euch, ein Netz aus Schatten, das sich enger zieht. Die Dunkelheit ist keine Einbildung mehr – sie ist greifbar, sie lebt, sie beobachtet euch. Unsichtbare Blicke bohren sich in euren Rücken, auch wenn niemand zu sehen ist. Etwas lauert in den Schatten, etwas Altes, etwas Hungriges.
Die Nacht ist hereingebrochen, und Shan’dri ist der einzige Ort, der euch Schutz bieten könnte – doch dieser Schutz ist eine Lüge. Das Dorf ist kein Zufluchtsort, sondern ein Käfig, und ihr seid die Beute. Die Träume haben dich hierhergeführt, und jetzt, wo du Shan’dri betrittst, weißt du es mit absoluter Gewissheit: Die Konfrontation, die dich erwartet, wird alles verändern – oder alles beenden.
Der Weg liegt vor euch
Die Dunkelheit hat euch gefunden. Sie ist nicht länger ein Gefühl, sondern eine Präsenz, die mit jedem Atemzug stärker wird. Du weißt, dass das, was dich in deinen Träumen heimsucht, auf dich wartet. Die Kälte, die Schwärze, der Schmerz – sie sind real, und sie rufen nach dir. Es gibt kein Zurück mehr. Die Konfrontation ist nicht nur unausweichlich – sie ist das Ende, das dich erwartet.