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Traum VIII (Einmalig)

Eine warme Hülle, weich wie Sonnenstrahlen auf der Haut, umfängt dich. Du entgleitest dem Wachsein und spürst, wie die Dunkelheit sich nicht wie gewohnt kalt an dich heranschleicht. Stattdessen findest du dich vor ihr wieder – die Frau aus Licht. Ihre Erscheinung ist wie ein Anker, ihre goldenen Augen strahlen Güte und Schutz aus. Sie erhebt ihre Hände, und ein weiches, leuchtendes Licht breitet sich um euch aus, wie ein unsichtbarer Schild, der die Schatten abhält. Neben dir, schwebend und doch körperlich spürbar, erkennst du die Silhouetten der anderen drei Träumenden. Ihre Konturen bestehen nur aus flackerndem Licht, ohne erkennbare Züge oder Gesicht.

Gemeinsam scheint ihr in einem Raum jenseits aller Zeit zu sein, geborgen im Licht der Gestalt, fernab der Dunkelheit, der Kälte und des Schmerzes, die euch sonst heimsuchen. Für einen kurzen Moment – eine Ewigkeit in deinem Herzen – spürst du Frieden. Wärme durchströmt dich und die anderen. Es ist, als könnte nichts euch je wieder verletzen.

Doch dann kommt die Veränderung.

Die Luft vibriert, ein tiefes, unheilvolles Grollen dringt in eure Sicherheit ein. Das Licht der Gestalt flackert, und für einen schrecklichen Augenblick siehst du den Schmerz in ihrem Gesicht, als sie versucht, euch zu halten. Aber es ist zu spät. Die Dunkelheit hat ihre Krallen in die Welt geschlagen.

Ohne Vorwarnung wirst du von einer unsichtbaren Kraft gepackt und weggerissen. Du spürst, wie die anderen drei ebenfalls aus dem Licht gerissen werden, aber sie verschwinden in der Ferne, ihre leuchtenden Silhouetten erlöschen in der schwärzer werdenden Nacht. Die Lichtgestalt schreit, ein stummer, herzzerreißender Ruf, den du in deinem Innersten spürst. Doch ihre Hände können euch nicht halten.

Du wirst geworfen, gezogen, gerissen, durch eine schmerzhafte Leere, die Kälte atmet und Schmerzen spricht. Kein Licht, kein Anker, kein Schutz mehr. Du bist allein. Die Dunkelheit umhüllt dich mit einer erdrückenden Schwere, die durch jede Schicht deines Wesens schneidet. Es gibt kein Oben, kein Unten, nur ein grenzenloses Nichts, das dich verschlingt.

Die Kälte ist härter, erbarmungsloser als je zuvor. Sie dringt tiefer, packt nicht nur deinen Körper, sondern greift nach deinen Gedanken, nach deiner Seele. Der Schmerz ist endlos. Es ist, als würdest du immer wieder sterben, nur um im nächsten Moment erneut dem Schmerz ins Auge zu blicken. Jede Faser deines Seins zersplittert und wird auf grausame Weise wieder zusammengesetzt, nur um erneut zu zerbrechen.

Du treibst, endlos, durch ein Meer aus Leid. Zeit hat hier keine Bedeutung. Es fühlt sich an wie tausend Leben – und jedes davon ist erfüllt von der Dunkelheit, die flüstert, sticht und dich verhöhnt.

In dieser grenzenlosen Schwärze bleibt dir nichts als die Erinnerung an die Wärme des Lichts – und selbst diese wird von der Dunkelheit verspottet, die sich unaufhörlich in dein Bewusstsein windet. Du bist verloren.

Inmitten der unendlichen Dunkelheit, die alles verschlingt, scheint es, als würde selbst deine Existenz sich auflösen. Schmerz und Kälte durchziehen dich wie glühende Nadeln aus Eis. Du glaubst, dass nichts mehr übrig ist, kein Funke von dir selbst.

Doch dann – ein schwaches Flimmern. Ein kaum wahrnehmbares Glühen, das sich langsam vor deiner Brust manifestiert. Es ist klein, zart und so unscheinbar, dass es sich fast wie eine Täuschung anfühlt. Aber es ist da.

Das Licht ist kein greller Schein, sondern ein sanftes, warmes Glühen, das aus deinem Innersten zu kommen scheint. Es pulsiert langsam, wie ein leiser Herzschlag, der das Dunkel um dich herum ein wenig zurückdrängt. Jede Welle des Lichts vertreibt einen Bruchteil der Kälte, die dich umgibt. Die eisigen Fesseln, die sich um deine Seele geschlungen hatten, beginnen zu lockern – nicht vollständig, aber genug, dass du zum ersten Mal seit einer Ewigkeit tief durchatmen kannst.

Das Licht wächst langsam, aber es bleibt zart, wie ein Versprechen, das gerade erst gegeben wurde. Es spendet Trost, eine Geborgenheit, die du beinahe vergessen hattest. Es ist, als würde es dir zuflüstern, dass du nicht vollständig verloren bist, dass es inmitten der Dunkelheit noch etwas Gutes gibt, an das du dich klammern kannst.

Die Dunkelheit knurrt und windet sich um dich, als würde sie das Licht bekämpfen. Doch sie kann es nicht berühren. Dieses kleine Leuchten ist unantastbar, ein Schild, so zerbrechlich es auch scheinen mag.

Mit jedem sanften Pulsschlag des Lichts kehrt ein Hauch von Wärme in dich zurück. Es ist nicht wie das Licht der Frau, das dich einst umhüllte und schützte.

Und während du dich auf das Licht konzentrierst, spürst du, wie es dir Kraft gibt – nicht genug, um die Dunkelheit zu vertreiben, aber genug, um durchzuhalten. Es ist ein Funken Hoffnung, ein kleiner Anker in einem Meer aus Verzweiflung. Und in diesem Moment weißt du, dass das Licht in deiner Brust der einzige Grund ist, warum du noch existierst.

Das kleine Licht vor deiner Brust beginnt sich zu verändern. Es dehnt sich aus, formt sich, und vor dir entsteht eine zarte Gestalt. Die Umrisse eines Kindes aus reinem Licht erscheinen – sanft schimmernd, strahlend vor Wärme und Unschuld. Die Gestalt ist klein, kaum höher als deine Hüfte, doch ihre Präsenz erfüllt die endlose Dunkelheit um dich herum mit etwas, das du längst verloren glaubtest: Hoffnung.

Das Kind schaut dich an, sein Gesicht ist weich und voller Güte. Obwohl es keine Worte spricht, spürst du, wie seine Botschaft in dich dringt. Sie ist nicht zu hören, sondern zu fühlen – eine Flut aus Gnade, Güte und Geborgenheit, die deine Seele umhüllt. Es ist, als würde jedes einzelne Gefühl sanft in dein Innerstes fließen und dort eine Wunde heilen, von der du nicht einmal wusstest, dass sie existiert.

Die Gestalt hebt eine Hand, winzig und zart, und streckt sie langsam zu dir aus. Deine Angst, dein Schmerz – alles scheint in diesem Moment stillzustehen. Als die leuchtenden Finger sanft deine Stirn berühren, explodiert eine unbeschreibliche Welle von Wärme und Licht in dir.

Es ist, als würde die Sonne selbst in deinem Innersten aufgehen. All die positiven Gefühle – Geborgenheit, Liebe, Trost, Frieden – explodieren in dir wie ein reißender Strom aus goldenem Licht. Die Dunkelheit wird auseinandergerissen, die Kälte verpufft, der Schmerz zerfällt wie Asche im Wind. Die Qualen, die dich so lange gepeinigt haben, lösen sich in diesem alles umfassenden Licht auf, bis nichts mehr übrig bleibt.

Du bist frei.

Das goldene Licht hüllt dich ein, jede Faser deines Seins durchdringt es. Du fühlst dich schwerelos, als würde dich das Licht tragen und in Sicherheit wiegen. Und dann erwachst du.

Deine Augen öffnen sich, und der Raum um dich herum ist in vertraute Schatten getaucht. Doch zum ersten Mal seit einer Ewigkeit spürst du etwas, das du schon verloren glaubtest: Kraft. Dein Körper fühlt sich leicht an, als wäre jede Last von dir genommen worden. Deine Atmung ist tief und ruhig, und eine sanfte Wärme durchzieht dich, die keinen Platz für Dunkelheit lässt.

Du fühlst dich stark. Du fühlst dich lebendig.

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